Kollision im NOK: Ursache noch unklar

Stark beschädigt: die Fahrgondel der Schwebefähre am NOK. Der Mitarbeiter im Steuerstand wurde schwer verletzt, Foto: Behling

Auch nach 100 Jahren noch aktiv: die Schwebefähre in Rendsburg, hier eine Aufnahme aus dem Sommer 2015, Foto: Arndt

Die 20 Jahre alte „Evert Prahm“ lief nach der Havarie mit erheblich deformiertem Deckshaus den Rendsburger Hafen an, Foto: Behling

Die bei der Koetter-Werft in Haren/Ems gebaute „Evert Prahm“ hatte als in Längsrichtung fahrendes Schiff Vorfahrt auf dem rund 100 Kilometer langen Nord-Ostsee-Kanal, Foto: Zech
Die Serie von schweren Unfällen, in deren Folge wichtige Infrastrukturbauwerke in Norddeutschland schwer in Mitleidenschaft gezogen werden, reißt nicht ab.
Krachte kurz vor Weihnachten noch ein Frachter gegen die für den Eisenbahnverkehr wichtige „Friesenbrücke“ über die Ems und zerstörte sie, kam es am Freitagmorgen in Rendsburg zu einer folgenschweren Kollision des 20 Jahre alten Fluss-Seeschiffes „Evert Prahm“ (IMO 9138757 ) mit der weltbekannten Schwebefähre über den Nord-Ostsee-Kanal (NOK). Durch den Aufprall des 78,2 Meter langen und 11,7 Meter breiten Frachters wurde der Fährführer schwer verletzt, berichtete die Polizei. Der Mann kam ins Krankenhaus. Der einzige Passagier, ein Polizist nach Dienstschluss auf dem Heimweg, erlitt bei dem Zusammenstoß leichte Verletzungen. Er konnte ebenfalls über eine andere Fähre in Sicherheit gebracht werden.
Warum der unter deutscher Flagge fahrende Frachter gegen 6.40 Uhr mit der an Stahlseilen an der Eisenbahnhochbrücke hängenden Schwebefähre zusammenprallte, war zunächst unklar. Der NOK und die für den Nord-Süd-Verkehr zwischen Deutschland und Dänemark wichtige Eisenbahnbrücke wurden für die Dauer der Rettungs- und Bergungsarbeiten gesperrt. An dem Einsatz waren die Rendsburger Feuerwehr, das Deutsche Rote Kreuz, die Polizei und das Wasser- und Schifffahrts amt Kiel-Holtenau beteiligt.
Die genaue Untersuchung der Schäden durch Fachleute erbrachte nach Darstellung des Havariekommandos keine Schäden an der Eisenbahnbrücke. Die Fähre hängt an dieser Brücke. Spezialisten schafften es nach mehreren Stunden, die Schwebefähre wieder sicher in ihre Laufschiene einzuhängen. Arbeiter zogen sie am Freitagnachmittag Stück für Stück mit Muskelkraft zur Südseite. Nach Erreichen des Südufers wurde die Eisenbahnbrücke wieder für den Verkehr freigegeben.
Die 2398 Tonnen tragende „Evert Prahm“ wurde durch die Kollision vor allem im Bereich des Brückenaufbaus stark beschädigt und machte danach im Hafen von Rendsburg fest.
Die über 100 Jahre alte Schwebefähre war laut Polizei auf dem Weg vom Nord- zum Südufer. Der 74 Meter lange Frachter fuhr nach Westen in Richtung Brunsbüttel. Bei der Kollision wurden die Halteseile der denkmalgeschützten Schwebefähre stark beschädigt. Sie ist deshalb nicht mehr manövrierfähig. Die Fähre wird von Fußgängern, Radfahrern und Autos genutzt. Sie transportiert täglich etwa 520 Fahrzeuge und 1700 Personen. Die Kollision führte recht schnell zu erheblichen Verkehrsbehinderungen im Raum Rendsburg, berichteten THB-Korrespondenten von der Unfallstelle. Nach Angaben der Bahn waren die drei Zugstrecken von Hamburg nach Flensburg, von Husum nach Kiel und von Kiel nach Rendsburg von der Sperrung der Eisenbahnbrücke betroffen. Ein Ersatzverkehr mit Bussen wurde zwischen Rendsburg und Nortorf sowie Rendsburg und Felde bei Kiel eingerichtet.
Schon einmal war die Schwebefähre in der Sturmnacht des 13. Januar 1993 um 23.27 Uhr von einem Schiff gerammt worden. Damals hatten die Bremsen der Fähre versagt und der Wind drückte die herrenlose Fähre vor den Bug des niederländischen Frachters „Linda Maraike“. Dies geschah in der betriebsfreien, nächtlichen Zeit ohne Passagiere, so dass lediglich Sachschaden an der Seilaufhängung der Fähre entstand. Der Fährbetrieb konnte nach der Reparatur am 11. Februar 1993 wieder aufgenommen werden.
Die Rendsburger Schwebefähre wurde am 2. Dezember 1913 in Betrieb genommen, um Menschen und Fahrzeugen die Überquerung des Nord-Ostsee-Kanals zu ermöglichen. Die 14 Meter lange und 6 Meter breite Gondel hängt an einer Eisenbahnhochbrücke. Sie bietet Platz für sechs Autos und 60 Fußgänger. Maximal dürfen 7,5 Tonnen zugeladen werden. Die von vier Elektromotoren angetriebene Fähre hängt an zwölf Seilen und überquert das Wasser, ohne es zu berüh ren.
Eine Passage über den 135 Meter breiten Kanal dauert 90 Sekunden. Im Jahr kommt eine Fahrstrecke von 6000 Kilometern zusammen. EHA/FB/dpa