Covid-19 belastet den Lkw-Transportmarkt

Konzentrationspunkt: Gerade in den Häfen sind sehr viele Lkw aus anderen EU-Staaten unterwegs, Foto: Arndt
Unternehmen in Deutschland, die einen gebietsfremden Transport- und Speditionsbetrieb mit der Durchführung eines inländischen Transportes beauftragen, müssen sicherstellen, dass die Kabotage-Bestimmungen der Europäischen Union für den Lkw- Verkehr weiter eingehalten werden. Darauf weist das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) hin. Anlass für den Hinweis ist die im Zuge der Covid-Pandemie deutschlandweit übergangsweise verfügte Lockerung der Lkw-Fahrverbote an Sonn- und Feiertagen. Damit will der Bund die Versorgung der Menschen trotz der Krise sicherstellen.
Die in Köln ansässige Bundesbehörde betont zudem, dass etwa ein polnisches Unternehmen, das, nachdem es einen grenzüberschreitenden Transport in die Bundesrepublik abgeschlossen hat, im Anschluss daran maximal nur noch drei innerdeutsche Anschlussbeförderungen, also „ Kabotage-Transporte“, durchführen darf. Diese Obergrenze ist Teil eines entsprechenden EU-weiten Vorschriftenwerks. Man spricht von der sogenannten „3 in 7“-Regel. Auch das wird durch die Behörde klargestellt: „Eine Ausweitung oder gar Aufhebung“ dieser Regel sei „nicht vorgesehen“.
Wer als deutscher Auftraggeber gegen die Kabotage-Auflagen verstößt, so das BAG, was zum Beispiel im Zuge von mobilen wie auch von Betriebskontrollen aufgedeckt wird, dessen Unternehmen erwarte ein Verfahren, an dessen Abschluss sogar ein Bußgeld von bis zu 200.000 Euro stehen kann. Neben dem BAG überwachen auch die Polizei und der Zoll die Bestimmungen der EU.
Das BAG weist darauf hin, dass in Deutschland aktuell „die notwendigen logistischen Kapazitäten durch gebietsansässige Unternehmen zur Verfügung stehen“. Es müsse auf jeden Fall in der derzeit angespannten Marktlage eine Störung des Wettbewerbs verhindert werden, mahnt das BAG.
Zu den operativen Schwerpunkten der Lkw-Kabotage-Verkehre gehören vor allem die großen Seehäfen. Hier sind es in erster Linie Container-Vor- und Nachläufe, aber auch klassische Komplett- und Teilladungs-Verkehre. Inzwischen spielen bei den Kabotage-Verkehren in Deutschland vor allem Unternehmen aus Polen, den baltischen Staaten, Tschechien sowie Rumänien und Bulgarien eine zentrale Rolle.
Die Kabotage-Möglichkeiten wurden im Zusammenhang mit dem Aufbau eines EU-Binnenmarktes schrittweise vor allem mit dem Ziel eingeführt, den Anteil von Lkw-Leerfahrten zu reduzieren. Gerade aus dem deutschen Transport- und Speditionsgewerbe gab es im Vorfeld der Einführung einen erheblichen Widerstand gegen diese Regelung, weil der deutsche Transportmarkt der mit Abstand aufkommensstärkste Markt ist.
Vorbild für die Einführung der Regeln zur Lkw-Kabotage war übrigens der Güterverkehr über See, in dem Kabotage ein Kernbestandteil des Reedereigeschäftes darstellt.
Eine Störung des Marktgleichgewichts in Deutschland ist indes für den Branchenverband BGL (Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung e.V.) in Frankfurt/Main schon heute gegeben. Aus den beim Verband über seine Landes-Organisationen zusammengeführten Markt-Berichten und -Meldungen gehe hervor, dass „einige Wochen nach dem massiven Ausbruch der Corona-Krise sich deren Auswirkungen immer deutlicher auch auf dem deutschen Markt für Transportdienstleistungen“ zeigten.
So komme eine erste Erhebung innerhalb des BGL Süd-Verbundes der drei Transportlogistik-Verbände aus Baden, Bayern und Württemberg zu diesem „alarmierenden Ergebnis“: „Teile des deutschen Marktes sind bereits in die Illegalität abgerutscht.“ Denn anders sei es nach Überzeugung der Verbände nicht zu verstehen, dass „gemäß den einschlägigen Frachtenbörsen inzwischen auf dem innerdeutschen Markt dauerhaft Frachtentgelte angeboten werden, die weit unter Einstandspreisen liegen“. Der BGL ist aufgebracht: „Diese Angebote sind illegal, da sie nicht mehr mit den Vorschriften zum Mindestlohn und auch dem Kabotage-Verbot vereinbar sind.“
Die Branchen-Organisation fordert daher, dass das BAG „unverzüglich Zugriff auf die Mautdaten erhalten“ müsse, um so „Verstößen gegen die deutsche Marktordnung, insbesondere dem Kabotage-Verbot, zeitnah und konsequent nachgehen zu können“. Zum Hintergrund: Die deutsche Lkw-Maut wird seit dem 1. Januar 2005 über die Firma Toll Collect mit Sitz in Berlin erhoben. Für den BGL stellt eine Weiterleitung der Maut-Daten an das BAG kein rechtliches Problem dar, weil „es sich bei der Mauterhebung nicht um personenbezogene Daten handelt“. Diese unterlägen damit nicht der Datenschutzgrundverordnung DSGVO.
Im Zusammenhang mit der bundesweit angestrebten Lockerung der allgemeinen Covid-19-Auflagen tritt der BGL dafür ein, „dass Bund und Länder jetzt einheitliche Regeln und Verfahren für den Lockdown-Exit erarbeiten“. Es müsse das Ziel sein, „bundesweit einen möglichst reibungslosen Prozess zu starten“. Die Reaktivierung der verschiedenen Wirtschaftszweige sollte daher „zügig, differenziert und schrittweise erfolgen“, so der BGL. EHA