Stärkere Kooperation der Häfen gefordert

Der Hamburger Hafen droht unter den großen Standorten der europäischen Nordrange den Anschluss zu verlieren.

Das ist die zentrale Aussage einer Befragung der HSH Nordbank unter ihren Kunden aus der Verkehrsbranche. „Mehr als 80 Prozent der Teilnehmer befürchten eine Verlagerung von Ladungsmengen an andere Häfen der Nordrange“, resümierte Dr. Marcus Kleiner, Leiter Vertrieb Logistik und Infrastruktur der HSH Nordbank, am Mittwoch anlässlich der Welthafenkonferenz in Hamburg.

Knapp die Hälfte der rund 50 Umfrageteilnehmer kommt aus der Eisenbahn-Sparte, Infrastrukturunternehmen sind zu 29 Prozent und Logistikfirmen zu 13 Prozent vertreten. 43 Prozent der Befragten bewerten die Qualität der Infrastruktur in Hamburg nur als mittelmäßig. In den Kategorien „gut“ und „sehr gut“ kommt die Elbmetropole insgesamt auf 54 Prozent und damit auf einen deutlich niedrigeren Wert als Rotterdam mit 82 Prozent, Antwerpen mit 67 und Bremen zusammen mit Bremerhaven mit 64 Prozent.

Auf Platz 1 im Nordrange-Vergleich steht Rotterdam mit einer Durchschnittsnote von 2,3. Gefolgt von den bremischen Häfen und Antwerpen mit 2,5. Schlusslicht Hamburg kommt auf eine Durchschnittsnote von 2,7. Lediglich bei der Schienenanbindung schneidet die Elbmetropole überdurchschnittlich ab. Dagegen steht in den Kategorien nautische Erreichbarkeit und Anbindung an Binnenwasserstraßen lediglich eine 3 vor dem Komma.

Die bremischen Häfen liegen immerhin in zwei von fünf abgefragten Kategorien vorn. Das betrifft zum einen die Straßen anbindung, zum anderen die Qualität und Geschwindigkeit der Abfertigung.

Die zunehmende Größe der Schiffe sehen die Befragten als größte Herausforderung für die Hafenwirtschaft, die einen Ausbau der Infrastruktur erfordert. Auch Kapazitätsengpässe aufgrund steigender Ladungsmengen sind aus Sicht der Branche dringend zu beachten. Dagegen spielen die erhöhten Anforderungen an die Umweltverträglichkeit und die Schaffung zusätzlicher Kapazitäten für LNG nur eine untergeordnete Rolle.

Als wichtigstes Projekt erachten die befragten Unternehmen die Elbvertiefung. Doch immer nur die Elbe zu vertiefen werde nicht ausreichen, kommentierte Marcus Kleiner. Effizienzsteigerungen und Ausbauten an der Begegnungsbox im Hafen seien ebenfalls wichtig. Außerdem müsse der Hamburger Hafen stärker mit den bremischen Häfen und dem JadeWeserPort in Wilhelmshaven kooperieren, um das steigende Ladungsaufkommen effizienter abzuwickeln, Defizite in der Infrastruktur auszugleichen und die Wettbewerbsposition innerhalb der Nordrange zu stärken. Der JadeWeserPort werde künftig an Bedeutung gewinnen. Dafür werde insbesondere die Ablieferungswelle neuer Megaboxer sorgen, die in den kommenden ein bis zwei Jahren einsetzen werde. In Hamburg sieht Kleiner dagegen hinsichtlich der Schiffsgrößen einen Endpunkt erreicht.

Auf das Thema „Smart Port“ reagieren die Kunden des Hamburger Hafens bislang verhalten, lautet ein weiteres Ergebnis der HSH-Umfrage. Dieser Aspekt spiele jetzt auf der Welthafenkonferenz in Hamburg zu Recht eine große Rolle und müsse den Kunden des Hafens künftig stärker als bisher vermittelt werden, so Kleiner.

Entlastung für den Hamburger Hafen erhofft sich die Branche durch neue Bahnverbindungen auf der Strecke der alten Seidenstraße von Europa nach China. „Diese Bahnverbindungen sind für einen gewissen Kundenkreis bereits eine Alternative zum Seetransport“, so Kleiner. Obwohl die deutsch-chinesische Direktverbindung per Bahn bisher nur von wenigen Unternehmen genutzt werde, kündigten bereits einige Unternehmen an, dass sich durch die neuen Routen für sie auch neue Handelswege nach Osteuropa, Russland und Asien eröffnen würden.

China investiert derzeit massiv in den Fortschritt der Infrastruktur, nicht nur im eigenen Land, sondern auch in den Ausbau globaler Handelsrouten. Durch die Verlagerung der Infrastrukturinvestitionen in das Reich der Mitte wird China seine Machtposition im Hinblick auf die internationalen Handelswege weiter ausbauen – davon ist ein Großteil der Unternehmen überzeugt. „Nur durch die notwendigen Investitionen in eine höhere Effizienz der Infrastruktur wird es den norddeutschen Häfen gelingen, ihre Stellung in der internationalen Verkehrslogistik nicht zu verlieren“, betonte Kleiner. fab

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