Lübecker Hafen-Gesellschaft in der Krise

Die Lübecker Hafen-Gesellschaft ist Deutschlands größter Hafenbetreiber an der Ostsee, Foto: LHG
Der Lübecker Hafen steckt in der Krise. Seit Jahren geht der Umschlag zurück, der Umsatz sinkt. Alle sind sich einig, dass Gegensteuern dringend nötig ist. Aber über das Wie wird gestritten.
Jahrelang galt die Lübecker Hafen-Gesellschaft (LHG) als das Vorzeigeunternehmen der Hansestadt. Anders als andere städtische Gesellschaften erwirtschaftete der kommunale Hafenbetreiber Jahr für Jahr satte Gewinne. Diese Zeiten sind vorbei. Die LHG kämpft mit sinkenden Umschlagzahlen und macht Verluste. Manche Experten warnen gar: Wenn sich nichts ändert, könnte das Kapital Ende 2018 aufgebraucht sein.
„Von einer Pleite kann keine Rede sein. Die LHG befindet sich in einem Prozess der notwendigen Strukturanpassung und wird ihn kontinuierlich den jeweiligen Notwendigkeiten anpassen“, sagt der Geschäftsführer der LHG, Professor Dr. Sebastian Jürgens. Der frühere Vorstand der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) räumt aber ein: „2016 haben wir rund 21 Millionen Tonnen umgeschlagen, etwa fünf Prozent weniger als 2015.“
Damit setzt sich ein Trend fort, der 2009 begonnen hat. Als Folge der Wirtschaftskrise brach der Umschlag im gesamten Lübecker Hafen um 16,4 Prozent ein – von rund 31,5 Millionen Tonnen 2008 auf knapp 26,4 Millionen Tonnen 2009. In den folgenden Jahren pendelten sich die Zahlen auf diesem niedrigeren Niveau ein, um 2015 erneut um 4,4 Prozent einzubrechen. Neben dem öffentlichen Hafenbetreiber LHG gibt es noch vier private Betreiber, der größte davon ist die Lehmann GmbH.
Heute beschäftigte sich der Hauptausschuss der Hansestadt Lübeck in nicht-öffentlicher Sitzung ausführlich mit den Problemen des Hafens und möglichen Lösungen. Dazu könnte ein Verzicht der Stadt auf Pachtzahlungen der LHG gehören. Auch ein Gesundschrumpfen durch Aufgabe eines Terminals steht zur Diskussion.
Der rückläufige Umschlag belastet auch die Bilanz der Hafen-Gesellschaft, die zu 62,5 Prozent der Hansestadt Lübeck und zu 37,5 Prozent Rreef gehört, einer Tochter der Deutschen Bank. 2014 betrug das Defizit 1,3 Millionen Euro, 2015 waren es schon 3,6 Millionen Euro. Berichte, wonach das Minus 2016 bereits bei sechs Millionen Euro liegen soll, wollte Jürgens nicht kommentieren. „Der Abschluss 2016 ist noch nicht
veröffentlicht“, ließ er schriftlich mitteilen. Auch Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) hält sich bedeckt. Das ist Sache der Geschäftsführung, sagte der Politiker der Deutschen Presse-Agentur.
In der Wirtschaftskrise von 2009 sehen die Verantwortlichen einen der Gründe für die Probleme. Außerdem hat die LHG in den Jahren 2014 und 2015 insgesamt drei Großkunden und damit jede Menge Papierumschlag an die Häfen Rostock und Kiel verloren. Die Vermutung, häufige Streiks der Hafenarbeiter könnten die Kunden vertrieben haben, weist Jürgens jedoch entschieden zurück. „In den vergangenen drei Jahren hat es nur einen Streiktag an allen unseren Terminals gegeben“, sagt er.
Um den Hafen wieder in ruhigeres Fahrwasser zu bringen, drängen LHG und Politik auf den raschen Abschluss eines Sanierungstarifvertrages für die knapp 500 Beschäftigten. Diese Eile ärgert ver.di-Bezirksgeschäftsführerin Berith Jordan. „Es laufen gute Gespräche zwischen Arbeitgeber, Gewerkschaft und Betriebsrat, aber mehr noch nicht“, sagt sie.
Die Krise der LHG strahlt jedoch über das Unternehmen hinaus aus. So geht die Insolvenz des Hafenbetriebsvereins Lübeck (HBV) Anfang Juni 2016 auch auf die LHG-Probleme zurück, da die Gesellschaft zu den Hauptabnehmern dieser Einrichtung gehörte. Und: Lübecks verschiedene Hafen- und Logistikbetriebe sorgen sich angesichts der LHG-Nöte um die Reputation des Hafenstandortes als Ganzes. FBi/EHA/lno