Lies: Hamburg soll beim JaWePo einsteigen

Herausforderungen und Chancen diskutiert (v.l.): Karsten Dirks, Peter Zint, Inke Onnen-Lübben, Olaf Lies, Irina Lucke, Carsten-Suennke Berendsen, Ulrich Getsch und Jan Rispens, Foto: Seaports of Niedersachsen
Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) hat Hamburg und die Hafenwirtschaft der Hansestadt erneut aufgefordert, sich an den Vorbereitungen für eine mögliche Erweiterung des Containerhafens Jade-Weser-Port (JaWePo) in Wilhelmshaven zu beteiligen.
„Weil es damals nicht geklappt hat, muss es ja nicht bedeuten, dass die Chance ein für alle Mal vorbei ist“, sagte der Politiker auf dem 27. Niedersächsischen Hafentag in Cuxhaven. Hamburg hatte sich 2011 gegen eine Beteiligung des letztlich von Niedersachsen und Bremen realisierten Hafenvorhabens entschieden, weil der Elbvertiefung Vorrang gegeben wurde. Nun, da sich allem Anschein nach der zunächst schleppende angelaufene Containerverkehr in Wilhelmshaven belebt, könnte es für Hamburg attraktiver sein, sich doch noch zu beteiligen. „Das wäre ein sinnvolles Beispiel für die oft geforderte norddeutsche Hafenkooperation“, meinte Lies.
Ansonsten stand das von den Schließungsplänen des TKMS-Standortes Emden überschattete Branchentreffen (thb.info 1. September 2017) am vergangenen Freitag im Zeichen der Offshore-Windenergie. Mehr als 300 Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung haben teilgenommen.
In einem Resümee der vergangenen fünf Jahre Hafenpolitik verwies Lies auf zahlreiche Projekte, die die Marktposition der niedersächsischen Seehäfen stark verbessert haben. „Die aktuellen Umschlagsteigerungen von acht Prozent im ersten Halbjahr 2017 bestätigen, dass wir mit unseren gezielten Investitionen in den Ausbau unserer Häfen erfolgreich sind. Diesen Weg werden wir fortsetzen und damit auch künftig die Wettbewerbsfähigkeit aller Standorte stärken“, betonte der Minister.
Inke Onnen-Lübben, Geschäftsführerin der Hafenmarketinggesellschaft Seaports of Niedersachsen GmbH begründete den besonderen Fokus auf die Offshore-Windenergie auch mit der Entwicklung von Cuxhaven zu einem der wichtigsten Offshore-Basishäfen in Europa. „Unsere Seehäfen in Niedersachsen sind auf unterschiedliche Weise mit Offshore befasst – sei es durch Verladungen von Offshore-Komponenten, Ver- und Entsorgungsservices für die Windparks auf hoher See per Schiff und Helikopter, die Ausrüstung von Errichterschiffen, Seekabel-Logistik, aber natürlich auch durch Produktion von Komponenten oder mit Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen, die sich mit dem Thema Wind befassen“, betonte Onnen-Lübben.
Weiter in den Ausbau der Infrastruktur investieren
Auch in den weiteren Geschäftsbereichen seien Niedersachsens Seehäfen sehr gut aufgestellt, angesichts der prognostizierten Umschlagzuwächse in den kommenden Jahren müsse aber weiter in den bedarfsgerechten Erhalt und Ausbau der Hafeninfrastrukturen und Hinterlandanbindungen investiert werden. Auch die dringend notwendigen Fahrrinnenanpassungen von Ems und Weser müssten stringent weiter vorangetrieben werden.
Dr. Ulrich Getsch, Oberbürgermeister des gastgebenden Standorts Cuxhaven, verwies auf die hohe wirtschaftliche Bedeutung des Tiefwasserhafen Cuxhaven, der sich unter anderem durch die Nähe zum Nord-Ostsee-Kanal auszeichne und als optimaler Ausgangspunkt für Short-Sea-Verkehre Bekanntheit erreicht habe. Geschichtlich und auch zukunftsweisend sei die Hafenwirtschaft für Cuxhaven identitätsstiftend. Auch profitiere Cuxhaven von den Entwicklungen rund um das Thema Neue Energien: „Im Verlauf der vergangenen Jahre hat sich der Cuxhavener Hafen um einen bedeutenden neuen Wirtschaftszweig erweitert: der Offshore-Windenergie. In kürzester Zeit ist hier mit dem ‚Deutschen Offshore-Industrie-Zentrum Cuxhaven‘ eine einzigartige Infrastruktur entstanden, um Offshore-Windenergieanlagen mit allen erforderlichen Komponenten zu bauen, umzuschlagen und zu verschiffen“, so Getsch. Erfreuliches gebe es auch über die Entwicklung des Alten Fischereihafens zu berichten: Kürzlich wurde der städtebauliche Vertrag zwischen der Stadt Cuxhaven und der Alter Fischereihafen Cuxhaven GmbH unterschrieben. Nun solle Cuxhavens seeseitiges „Entree“ mit einer breiten Bürgerbeteiligung und einem städtebaulichen Ideenwettbewerb mit Leben gefüllt werden. Neben der Hafenentwicklung ist dieser Prozess eine der bedeutsamsten Entwicklungen in der Stadt seit Jahrzehnten.
Wirtschaftsminister Lies zeigte sich überaus zufrieden mit der Entwicklung Cuxhavens als Basishafen der Offshore-Windenergie: „Durch weitere Liegeplätze mit direktem Anschluss an Gewerbe- und Logistikflächen hat sich das Deutsche Offshore-Industrie-Zentrum in Cuxhaven zum herausragenden Standort im Bereich Windenergie entwickelt. Dieses klare Bekenntnis zur Energiewende und das Engagement beim Ausbau der Erneuerbaren Energien schaffen bei Unternehmen das notwendige Vertrauen für Investitionen. Dies belegen einerseits die zahlreichen Ansiedlungen von Firmen der Windenergiebranche, andererseits hat Cuxhaven seine Marktposition als Importstandort für Windkraftanlagen stark ausgebaut.“ Lies kündigte an, dass jetzt mit der Fertigstellung des Liegeplatzes 9.1 begonnen wird.
Kosten für Seewind mehr als wettbewerbsfähig
Eine Podiumsdiskussion unter Leitung von Jan Rispens, Geschäftsführer der Erneuerbare Energien Clusteragentur GmbH, widmete sich dann intensiv dem Thema Offshore-Windenergie. Die Branche beschäftigen insbesondere politische Fragestellungen wie die aktuell bestehende Deckelung der Ausbauziele von 15 GW bis 2030. Ob sich diese mit dem absehbar höheren Strombedarf in Deutschland aufgrund von Sektorenkopplung für Mobilität und Wärmeversorgung vereinbaren lässt und welche Chancen und Herausforderungen sich in den kommenden Jahren hieraus für die niedersächsischen Seehäfen ergeben könnten, diskutierten Olaf Lies, Irina Lucke (EWE Offshore Service & Solutions GmbH), Dr. Carsten-Sünnke Berendsen (Siemens Wind Power GmbH & Co. KG), Karsten Dirks (Arbeitsgemeinschaft Niedersächsische Seehäfen) und Peter Zint (Hafenwirtschaftsgemeinschaft Cuxhaven e.V.). Die Teilnehmer waren sich einig darüber, dass die Energiewende in Deutschland nur mit einem starken Offshore-Anteil zu stemmen sei. Mit einem Stromertrag von mehr als 4000 Volllaststunden pro Jahr stelle Offshore-Wind eine grundlastfähige, CO2-freie Energiequelle dar. Die kürzlich durchgeführten Ausschreibungen von Windparks hätten mehrere Angebote ergeben, in denen Projektentwickler auf eine komplette Refinanzierung ihres Investments über Strommarkterlöse ohne zusätzliche staatliche Zuschüsse setzen. Dies beweise, dass auch die Kosten für Offshore-Windenergie mittlerweile mehr als wettbewerbsfähig seien. Die Deckelung der Ausbauziele wurde daher seitens der Diskussionsteilnehmer als nicht mehr zeitgemäß eingeschätzt.
Für einen weiteren Ausbau der Offshore-Windenergie stünden die niedersächsischen Seehäfen mit umfangreichen Logistik- und Serviceangeboten bereit. Die Häfen in Niedersachsen seien bereits in die Errichtung zahlreicher Windpark-Projekte auf hoher See eingebunden, zudem sind sie Schnittstellen für Betrieb und Wartung der Offshore-Parks. Gewappnet sei man auch für das absehbare Größenwachstum der Anlagen und den damit einhergehenden Bedarfen an schwerlastfähigen Hafenflächen, die das Land Niedersachsen in den vergangenen Jahren gezielt entwickelt hat. FBi