Immer mehr „Second Calls“ in Rotterdam
Der Rotterdamer Hafen will in den kommenden Jahren innerhalb der Nord-West-Range seinen Marktanteil im Containersegment deutlich ausbauen.
Dieses Ziel formulierte Allard Castelein, CEO beim Hafenbetrieb Rotterdam (HbR), am Freitag bei der Bekanntgabe der Bilanz für das erste Halbjahr 2015. Mit Rotterdam präsentierten auch die belgischen Seehäfen Antwerpen und Zeebrugge ihre Zwischenergebnisse.
Beim HbR spricht man von einem „guten ersten Halbjahr“, sowohl bei den Umschlagzahlen, dem Finanzergebnis als auch mit Blick auf den Entwicklungsstand verschiedener, wichtiger Hafenausbauprojekt. Beim Seegüterumschlag weist Rotterdam ein Ergebnis von 236,2 Millionen Tonnen aus, ein Plus von 6,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Weiter stellt der Flüssiggutbereich mit 114,3 Millionen Tonnen (plus 15,4 Prozent) das mit Abstand größte Umschlagsegment. Mengenprägend waren dabei der Rohölumschlag, hier vor allem der Import, aber auch LNG.
Seit Herbst 2011 verfügt Rotterdam über einen leistungsstarken LNG-Import-Terminal. Auf der Maasebene 2 (Maasvlakte 2, MV 2) entsteht derzeit ein Verteiler-Terminal, über den künftig vor allem LNG-angetriebene Binnenfrachter, Seeschiffe oder auch Lkw mit Flüssigerdgas versorgt werden sollen.
Das zweitstärkste Einzelergebnis zeigt der Umschlag containerisierten Stückguts. Mit 64,8 Millionen Tonnen wird das Vorjahresresultat um 2,3 Prozent überschritten. Der Containerumschlag auf TEU-Basis lag Ende Juni bei 6,2 Millionen Standardeinheiten, ein Plus von 3,7 Prozent. Kräftige Wachstumsimpulse gingen dabei vom Überseeverkehr, aber auch dem Transshipment sowie dem Shortsea-Bereich aus. Die neuen Containerterminals auf der MV 2 stellen ausreichende Wachstumsreserven für die Zukunft sicher. An neuen Anlagen sind bis jetzt die Einrichtungen von APM Terminals sowie von RWG (Rotterdam World Gateway) operativ. Hinter letztgenanntem Terminal stehen die vier Reedereien MOL, Hyundai, APL sowie CMA CGM und der Terminal-Betreiber DP World. „Die Umschlagmenge wächst beständig, bewegt sich aber noch in einem bescheidenen Bereich“, heißt es dazu beim HbR.
Der Rotterdamer Hafen sieht in der forcierten Indienststellung von Großcontainerschiffen eine besondere Chance für seine Marktstellung innerhalb der Nord-West-Range. So würde Rotterdam gerade von diesen Schiffen nicht nur als ers ter Löschhafen am Nordkontinent angesteuert, sondern werde in den Fahrplänen der Box-Carrier immer häufiger auch als letzter Ladehafen angelaufen, um die Schiffe optimal auszulasten, da der Hafen keine Tiefgangsbeschränkungen kenne. Der HbR spricht von sogenannten „Second-Calls“, deren Anzahl sich bei den 10.000-TEU-Plus-Frachtern im ersten Halbjahr auf 90 summierte – nach 35 vor einem Jahr. Rückläufig war in Rotterdam das Segment „trockenes Massengut“, das für den aktuellen Berichtszeitraum 43,7 Millionen Tonnen ausweist und damit 4,9 Prozent weniger als 2014. Der wertschöpfungsintensi-ve Breakbulk-Umschlag leg- te um 4,4 Prozent auf 13,4 Millionen Tonnen zu.
Zu den wichtigen Hafenprojekten der kommenden fünf Jahre zählt der HbR die Vertiefung des „Nieuwe Waterweg“ als zentralem Zufahrtsbereich zum Rotterdamer Kernhafengebiet. Der Zufahrtskanal wurde erstmals zwischen 1866 und 1872 gegraben und sollte damals sicherstellen, dass Rotterdam für die immer größer werdenden und damit immer tiefen gehenden Schiffe weiterhin erreichbar bleibt. Die aktuelle Anpassung soll vor allem das Hafengebiet „Botlek“ mit seinem ausgeprägten petrochemischen Cluster attraktiv erhalten. Schon Ende 2016 soll diese Maßnahme abgeschlossen sein, so der HbR. Ausgebaut werden sollen zudem die Bahnkapazitäten. Die EU habe dazu 60 Millionen Euro zugesagt.
Im benachbarten Antwerpen ist man mit dem ersten Halbjahr ebenfalls zufrieden. Der Gesamtumschlag verbesserte sich mit 104,5 Millionen Tonnen um 6,4 Prozent gegenüber 2014. Der Containerumschlag pendelte sich bis Ende Juni auf 4,8 Millionen TEU ein (plus 9,5 Prozent). Das containerisierte Stückgutaufkommen belief sich auf 57,5 Millionen Tonnen (plus 7,4 Prozent).
Antwerpen gehöre zu den Gewinnern der verschiedenen Anpassungen innerhalb der großen Allianzen, so der Hafenbetrieb GHA. Der Flüssiggutumschlag erreichte 32,6 Millionen Tonnen (plus 7,4 Prozent). An trockenem Massengut fielen 7,1 Millionen Tonnen an (plus 7,4 Prozent). Der in der Vergangenheit stets wichtige, wertschöpfungsintensive Stückgutbereich stand unter Druck. Beim Kernprodukt „Eisen und Stahl“ (siehe Foto) betrug das Wachstum gerade einmal 1,3 Prozent auf 3,3 Millionen Tonnen. EHA