Hafenschlick: Hamburgs Rettungsanker ist Tonne „E3“

Heimathafen Rotterdam, Operationsgebiet Hamburger Hafen: niederländischer Bagger, Foto: Hasenpusch

Foto: Land SH, R. Habeck
Hamburg verschafft sich Luft beim immer drängender werdenden Problem der Hafenverschlickung.
Nach mehrmonatigen Verhandlungen mit der Landesregierung in Kiel über das Verklappen von Schlickmengen in der Nordsee stimmte das Kabinett in Kiel diesem Ersuchen am Dienstag zu. Damit kann Hamburg ab sofort die im weit verzweigten Hafengebiet mit dem natürlichen Elbstrom anfallenden Sedimentablagerungen ausbaggern lassen und das Material in die Deutsche Bucht in Höhe der sogenannten Tonne „E3“ verklappen.
Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne): „Der Handlungsdruck ist groß. Die Schiffbarkeit des Hamburger Hafens ist bereits deutlich beeinträchtigt, weil sich zu viel Schlick ansammelt. Schleswig-Holstein ist deshalb bereit, Hamburg zu helfen und die Zugänglichkeit des Hafens zu sichern. Dieser ist auch für Schleswig-Holstein von großer Bedeutung.“ Wichtig aus Hamburger Sicht sind dabei unter anderem diese Details der nachbarschaftlichen Vereinbarung. Erstens: die Laufzeit. Die Abmachung hat für einen Zeitraum von fünf Jahren Gültigkeit. Sie hat dabei schon heute eine Verlängerungsoption um weitere fünf Jahre. Zweitens: Die Baggergut-Entsorgung kann über das Gesamtjahr erfolgen. Das dürfte dazu führen, dass es künftig keine akuten Engpass-Situationen mehr im Hamburger Hafen durch eine Materialanhäufung zumal in eher strömungsärmeren Bereichen gibt, die der Hafen- und Reedereiwirtschaft in den zurückliegenden Monaten viel Kopfzerbrechen bescherten. Und drittens: Hamburg wird für die Verklappung zur Kasse gebeten, und zwar mit fünf Euro pro Tonne Trockengewicht an Baggergut. Das entspricht nach Darstellung der Kieler Landesregierung etwa 2,5 Euro pro Kubikmeter Laderaumvolumen. Das Geld fließt dabei in die neue Stiftung Nationalpark.
Die Wahl auf die „Tonne E3“ erfolgte dabei nach einer gründlichen Abwägung verschiedener Verbringungsbereiche. Die jetztige Position war aber bereits in der Vergangenheit der Dauerlagerplatz für den Hamburger Hafenschlick.
Zur aktuellen Vereinbarung gehört auch, dass sich Hamburg dazu verpflichtet, keinen stark belasteten Schlick zu verklappen. Entsprechende Rückstände stellen dabei weiterhin eine Erblast aus vergangenen Industriealisierungsepochen dar, als dem Gewässerschutz keine besondere Beachtung zukam und zudem wirksame Kläranlagen fehlten. Umweltminister Habeck sagte, sein Ministerium werde jedenfalls „streng“ auf die Einhaltung der Belastungsgrenzwerte im Schlamm achten. Auch das gehört zu den Auflagen: Hamburg muss daran arbeiten, die Sedimentbelastung als solche „nachhaltig“ zu verringern. Das sagte Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch auch zu: „Wir werden Strombaumaßnahmen entwickeln und umsetzen, damit das anfallende Baggergut nachhaltig reduziert werden kann.“ Hamburg werde zudem Maßnahmen zur Schadstoffentfrachtung unterstützen und finanzieren. Und auch das gab er zu Protokoll: „Wir sind sehr froh und erleichtert über die politische Einigung mit Schleswig-Holstein hinsichtlich der Verbringung von Hamburger Sedimenten zur Tonne E3. Wir möchten uns hierfür ausdrücklich bei unserem Nachbarn bedanken.“
Hamburgs Grünen-Umweltsenator Jens Kerstan stellte zudem klar, dass dank der neuen Lösung mit der Tonne E3 „die umstrittenen Kreislaufbaggerungen, bei der Schlick nach Neßsand umgelagert wird, reduziert weden können“. Und weiter: „Wir haben jetzt die Chance, das Sedimentproblem für den Hafen zu lösen und gleichzeitig Verbesserungen für die Tideelbe zu erreichen.“
In die grundsätzliche Erleichterung über die Einigung mischten sich aber auch kritische Töne. Für Ralf Niedmers, Fachsprecher Hafenwirtschaft der Hamburger CDU-Bürgerschaftsfraktion, ist „der Kompromiss mit Schleswig-Holstein teuer erkauft und alles andere als ein nachbarschaftlicher Freundschaftsdienst“. Kiel erhalte statt bislang zwei Euro pro Tonne künftig fünf Euro pro Tonne. Dies bedeutet eine strukturelle Kostensteigerung für Hamburg „in Millionenhöhe“. EHA