Autoumschlag: Abläufe werden optimiert

Der Autoterminal Bremerhaven. Jedes Jahr werden hier rund 1400 Schiffe abgefertigt, Foto: BLG
Die Betriebsabläufe auf dem Autoterminal Bremerhaven der BLG Logistics sollen künftig über Echtzeitstatusmeldungen und mobile Datenerfassung gesteuert und geplant werden.
Das ist das Ziel des neuen Bremer Forschungsprojektes „Isabella“. Wie die BLG jetzt weiter mitteilte, soll ein intelligentes System mithilfe von Simulationen eine interaktive Planung und Steuerung des Autoumschlags in deutschen Häfen ermöglichen und somit zur Effizienz und Effektivität beitragen. Auch soll es die Hafenarbeiter vor Ort unterstützen und im Ergebnis für eine den jeweils aktuellen Bedingungen angepasste, optimierte Logistikabwicklung sorgen.
Entwickelt wird das System im Rahmen des dreijährigen Projekts „Automobillogistik im See- und Binnenhafen: Interaktive und simulationsgestützte Betriebsplanung, dynamische und kontextbasierte Steuerung der Gerät- und Ladungsbewegungen“ (Kurztitel: Isabella). Das Bundesverkehrsministerium fördert das F&E-Vorhaben im Rahmen des Programms für Innovative Hafentechnologien (IHATEC) mit 2,6 Millionen Euro. Der Gesamtumfang beträgt 3,7 Millionen Euro. Begleitet wird das Vorhaben vom TÜV Rheinland.
Beteiligt sind drei Partner:
Das BIBA – Bremer Institut für Produktion und Logistik an der Universität Bremen, das sein Wissen in den Bereichen der Planung und Steuerung logistischer Prozesse sowie der autonomen Entscheidungsfindung einbringt.
Der BLG AutoTerminal Bremerhaven hat die Gesamtleitung. Er liefert die Anwendungsfälle und somit alle möglichen Szenarien, die eintreten können. Damit gewährleistet die BLG eine praxisorientierte Entwicklung und berücksichtigt die Lösungsideen der an den Prozessen beteiligten Akteure. Am BLG-Terminal in Bremerhaven wird das System auch pilotiert, bevor dann im Binnenterminal in Kelheim die Übertragbarkeit der Ergebnisse getestet wird. Die BLG ermöglicht die wissenschaftliche Arbeit auf Basis realer, aktueller Daten, und hier wird die Forschungsversion des Systems laufen.
Der Bremer Technologieanbieter 28Apps verantwortet die Entwicklung der Software-Anwendung für den geplanten Multitouch-Tisch und darüber hinaus die Umsetzung des Steuerungskonzepts in eine mobile Anwendung (App). Über den großen Bildschirm eines Multi-Touch-Tisches lassen sich einfach per Fingergesten Informationen abrufen und Befehle eingeben. Er ist neben den mobilen Geräten ein zentrales Bedienelement des Isabella-Systems.
Megahafen mit unzähligen logistischen Prozessen
Bremerhaven gehört mit einem Umschlag von über 2,1 Millionen Fahrzeugen pro Jahr zu den größten Autohäfen der Welt. Jedes Jahr laufen mehr als 1400 Autoschiffe diesen Terminal an. Er hat eine Gesamtfläche von 240 Hektar, was der Größe von 350 Fußballfeldern entspricht. Die Stellflächenkapazität beträgt 95.000 Pkw. Von den Plätzen sind 45.000 offen und 50.000 in acht Parkregalen überdacht. Hinzu kommen 18 Schiffsliegeplätze, drei Technikzentren und eine Lackierhalle sowie 16 Gleisanschlüsse und Kopframpen. Hier wird an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr gearbeitet.
Unzählige, in ihrer Gesamtheit kaum noch überschaubare Faktoren und Unwägbarkeiten beeinflussen die logistischen Prozesse in diesem Megahafen. Um diese große logistische Aufgabe auch künftig adäquat bewältigen und im weltweiten Konkurrenzkampf bestehen zu können, bedarf es neuartiger Instrumente für die Planung und Steuerung. Hier greift das Projekt Isabella: „Bis 2020 soll das virtuelle Spiegelbild eines Autoterminals soweit ausgebaut sein, dass mittels Echtzeitmeldungen, Materialflusssimulation und systemgestützter Kommunikation mit den Fahrern eine neue Ebene von Planung und Steuerung erreicht wird“, erklärt Andrea Eck, Vorstand Automobile bei der BLG.
„Eine simulationsgestützte Planung soll eine reaktionsschnelle Anpassung der Planung bei auftretenden Änderungsbedarfen und auf Basis von Simulationen das Überprüfen von Alternativen ermöglichen. Über einen Multitouch-Tisch werden die aktuellen Planungssituation des Terminals und die Planungsalternativen dargestellt“, sagt BIBA-Leiter Prof. Dr.-Ing. Michael Freitag. „Dahinter steht eine sogenannte ,ereignisdiskrete Simulationssoftware‘. Sie berücksichtigt zahlreiche Kriterien und bewertet die Planungsalternativen hinsichtlich bestimmter logistischer Zielgrößen.“
Für die Steuerung der Fahrzeugbewegungen auf dem Terminal wird ein Algorithmus entwickelt, der eine individuelle Prozesssteuerung auf dem Terminal in Abhängigkeit des Standorts der Fahrzeuge erlaubt. Die Zuordnung von Aufträgen mittels einer mobilen Anwendung ermöglicht eine Optimierung der Fahrwege auf dem Terminal und eine kurzfristige Reaktion auf auftretende Änderungsbedarfe.
Die Realisierung der interaktiven Planung und Steuerung erfordert auch die Entwicklung eines Ortungssystems, um den Standort von Fahrzeugen in Echtzeit zu erfassen. Eine Herausforderung ist dabei die Ortungsgenauigkeit, die eine exakte Lokalisierung der Fahrzeuge bis hin zum einzelnen Stellplatz gewährleisten muss.
Die standortabhängige Steuerung der Fahrzeugbewegungen führt unter anderem zur Reduzierung der Leerfahrten auf dem Autoterminal und trägt damit zur Effizienzsteigerung bei. Das System gewährleistet eine höhere Flexibilität und Reaktivität. Es verbessert die Kommunikation unter den Mitarbeitern und bezieht deren Erfahrungswissen ein. FBi