Rickmers muss umfassend saniert werden

Die Hamburger Rickmers Reederei ist nur noch mit einer tiefgreifenden Sanierung zu retten (Foto: Hasenpusch)

Die Analysten von Vessels Value schätzen den Wert der gesamten Rickmers-Flotte auf 740 Millionen Dollar (Foto: Rickmers)
Die Rickmers Reederei hat eine umfangreiche finanzielle Sanierung angekündigt.
Die Holding habe sich auf ein Term-Sheet zur Restrukturierung wesentlicher Finanzverbindlichkeiten der Gruppe verständigt, teilte das Hamburger Unternehmen jetzt mit. Das Vorhaben stehe noch unter dem Gremienvorbehalt der Gläubiger und unter der Bedingung der Restrukturierung der Anleihe 2013/2018 der Rickmers Holding.
Wesentlicher Punkt der Sanierung: Der bisherige Alleineigentümer Bertram Rick mers soll die Mehrheit der Unternehmensanteile an die HSH Nordbank, Gläubiger der Rickmers-Anleihe „und gegebenenfalls eine weitere Bank“ übertragen, so die Reederei. Demnach wird Bertram Rickmers seinen Anteil auf 24,9 Prozent verringern. Die wesentlichen Gläubiger würden dann 75,1 Prozent halten. Zudem sei Bertram Rickmers bereit, eine Bareinlage in Höhe von zehn Millionen Euro zu leisten und die Rickmers Gruppe von einer Werftenverbindlichkeit in Höhe von weiteren zehn Millionen US-Dollar zu entlasten. Auf Markenlizenzgebühren bis einschließlich des ersten Quartals 2021 werde Bertram Rickmers verzichten und zudem für eine „Back up“-Darlehensfazilität für möglichen Liquiditätsbedarf der Holding in Höhe von weiteren bis zu zehn Millionen Euro sorgen. Der Alleinaktionär hat bereits im vergangenen Jahr 13 Millionen Euro als Bareinlage in die Rickmers Holding AG eingebracht.
Um die Gläubiger des Unternehmens zu beteiligen, sei vorgesehen, dass ein Luxemburger Vehikel unter dem Namen LuxCo alle Verbindlichkeiten der Rickmers Holding unter der Rickmers-Anleihe übernimmt, so dass LuxCo anstelle der Rickmers Holding Schuldner der Anleihe wird. Das Vehikel soll außerdem einen Teilbetrag unter einem Darlehen der HSH Nordbank als Schuldner übernehmen. Im Zusammenhang mit diesen Übernahmen werde LuxCo durch Kapitalerhöhung den Anteil von 75,1 Prozent an der Rickmers Holding erwerben. „Ein von den Anleihegläubigern zu bestellender gemeinsamer Vertreter soll ermächtigt werden, einem Verkauf der von der LuxCo gehaltenen Aktien nach einem noch zu führenden Investorenprozess zuzustimmen und den Erlös nach einem definierten Verteilungsschlüssel an die HSH Nordbank, die Anleihegläubiger und gegebenenfalls eine weitere Bank auszukehren“, heißt es seitens der Rick mers Reederei.
Ausgenommen von der Schuldübernahme der Rickmers-Anleihe durch die LuxCo sei die Zahlung des Zinskupons am 11. Juni 2017 in Höhe von 8,875 Prozent. Die Zahlung soll noch vollständig von der Rickmers Holding geleistet werden, unter der Bedingung, dass zu diesem Zeitpunkt ein Beschluss der Anleihegläubiger über die Bestellung und Ermächtigung des gemeinsamen Vertreters vorliegt.
Die Rickmers Holding verweist auf ein Gutachten einer nicht näher genannten internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Der „nahezu finale Entwurf“ des Gutachtens bescheinige der Rickmers Gruppe „bei Umsetzung aller geplanten Sanierungsmaßnahmen sanierungsfähigkeit“. Sollten die Gremien der Gläubigerbanken oder die Anleihegläubiger dem Konzept nicht zustimmen, würde „die Sanierung voraussichtlich scheitern und die positive Fortführungsprognose der Rickmers Holding AG würde voraussichtlich entfallen“, stellt Rickmers fest. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) rechnet basierend auf diesen Informationen in Kürze mit einer Einladung der Anleiheinhaber zur Gläubigerversammlung, um einen gemeinsamen Vertreter wählen zu lassen. Die SdK geht davon aus, dass die Anleiheinhaber durch die vorgesehene Restrukturierung hohe Verluste bezogen auf den ursprünglichen Nominalwert der Anleihen hinnehmen müssten. Einen Beitrag der Anleihe inhaber zur Restrukturierung lehnt die SdK nicht generell ab, sie fordert jedoch, „dass den Anleiheinhabern die Möglichkeit eingeräumt wird, bei einem sich wieder aufhellenden wirtschaftlichen Umfeld für Schifffahrtsunternehmen, an einer positiven Entwicklung der Rickmers Holding AG zu partizipieren“.
Die jetzt zu treffenden Maßnahmen hatten sich bereits im vergangenen Jahr abgezeichnet. Rückblick: Am 18. Mai 2016 bescheinigt Creditreform der Rickmers Holding kaum ausreichende Bonität und stuft das Unternehmensrating von „B- (watch)“ auf „CCC“ herunter. Im ersten Halbjahr 2016 schreibt die Rickmers Gruppe einen dreistelligen Millionenverlust. Die ursprünglich für 2015 geplante Stärkung des Eigenkapitals ist auch für dieses Jahr „als unwahrscheinlich einzuschätzen“, teilt der Vorstand im Halbjahresbericht 2016 mit. Im Oktober trennt sich die Rickmers Gruppe von sämtlichen Anteilen am Rickmers Trust Management in Singapur, der zuvor vor einer möglichen Liquidation gewarnt hatte, sofern die Anteilseigner des Trusts einem Umschuldungsplan nicht zustimmen. Zwar billigen die Aktionäre des Trusts einen Schuldenschnitt. Doch das reicht noch nicht aus, um erfolgreich zu sanieren. Nach erneut negativen Zahlen der Rickmers Holding für das dritte Quartal 2016, senkt Creditreform das Unternehmensrating auf „CC“. Im Februar 2017 trennt sich die Rickmers Holding von der Rickmers-Linie und Marine Consulting & Contracting (MCC). Beide Gesellschaften gehen an Zeaborn Chartering in Bremen. Um das Paket loszuwerden, muss Rickmers an Zeaborn eine einstellige Millionensumme hinzuzahlen. Am 2. März setzt Creditreform das Rickmers-Rating auf „C (watch)“, die letzte Stufe vor der Kategorie „ungenügende Bonität“. Für Rickmers Maritime stellt die HSH als wichtigster Gläubiger ein Ultimatum für ein tragfähiges Sanierungskonzept, das der Trust aber nicht erfüllen kann. Deshalb muss die Gesellschaft in Singapur nun liquidiert werden. fab/sr
Rickmers Timeline seit Mai 2016
18.5.2016: Creditreform bescheinigt Rickmers kaum ausreichende Bonität
12.8.2016: Rickmers schreibt in H1 2016 einen dreistelligen Millionenverlust
16.8.2016: Creditreform senkt den Ausblick für die Holding von „stabil“ auf „negativ“
17.10.2016: Rickmers verkauft Anteile am Trust-Manager
11.11.2016: Rickmers meldet für Q3 2016 einen Fehlbetrag von 199 Millionen Euro
14.11.2016: Creditreform senkt das Rating für die Rickmers Holding auf CC
9.2.2017: Die Rickmers Holding trennt sich von der Rickmers-Linie
2.3.2017: Creditreform senkt das Rating der Rickmers Holding auf „C (watch)“
12.4.2017: Der Rickmers Maritime Trust muss liquidiert werden
Kommentar
von Wolfhart Fabarius
Der Versuch 2016, dass die beiden Rickmers-Brüders Bertram und Erck das Schiffsmanagement ihrer Reedereien zusammenlegen, war zum Scheitern verurteilt. Die Hiobsbotschaften für den Rickmers-Trust rissen nicht ab. Die Sorgen um die Rickmers-Linie wurden immer größer. Der Wert der verbliebenen Flotte ist laut Vessels Value innerhalb von zwölf Monaten von 1,1 Milliarden auf 740 Millionen Dollar eingebrochen. Das 2013 eingesammelte Anleihekapital hatte der Reederei nur vorübergehend Luft verschafft. Es drohte der zeitnahe Totalverlust. Die jetzt anstehende Sanierung ist für die Investoren bitter – aber unumgänglich, um wenigstens einen Teil zu retten.