Beluga-Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt

Nach der Sommerpause geht am Bremer Landgericht am heutigen Mittwoch einer der größten Wirtschaftsprozesse der Schifffahrtsbranche ins letzte Drittel.

Aktuell sei im Beluga-Prozess keine Zeugenvernehmung vorgesehen, teilte das Gericht jetzt mit. Vielmehr sei die Verlesung von Urkunden geplant. Mehr als 30 Verhandlungstage hat es bereits gegeben, 16 stehen bis zum 26. Oktober noch aus.

Den Angeklagten ist der Saal 231 im Bremer Landgericht zur vertrauten, wenn auch ungeliebten Umgebung geworden. Immer wieder dienstags und mittwochs finden sich dort, umrahmt von ihren Anwälten, der Ex-Chef der Bremer Schwergutreederei Beluga, Niels Stolberg, und weitere drei Ex-Beluga-Manager ein.

Seit dem 20. Januar erforscht die Vorsitzende Richterin Monika Schaefer die Gründe, warum und wie die Reederei auf Grund lief. Die Vorwürfe lauten: Kreditbetrug, Untreue, Bilanzfälschung.

„Ich stand als Kapitän auf der Brücke bei Beluga“, sagte Stolberg gleich zum Prozess auftakt. Das Signal sollte sein: Ja, ich übernehme Verantwortung, aber mitnichten für alle von der Anklage erhobenen Vorwürfe. Der 55-Jährige ließ keinen Zweifel daran, dass er Bilanzzahlen falsch dargestellt hatte.

Er frisierte den Jahresabschluss 2009 und die Zahlen fürs erste Quartal 2010. Damals flossen über drei Briefkastenfirmen in Panama erhebliche Scheinumsätze in die Beluga-Bilanz. Diese Zahlen legte er auch dem US-Hedgefonds Oaktree vor, der sich bei Beluga mit insgesamt knapp 200 Millionen Euro engagierte. Die geschönte Bilanz sollte Beluga aufhübschen. Beluga brauchte damals dringend frisches Kapital.

Die auf Zeit angelegte Zweck ehe ging allerdings gewaltig schief, was wohl auch an den hohen Erwartungen lag. Oak tree-Deutschland-Chef Hermann Dambach gewährte bei seiner Zeugenaussage einen Einblick in die Hedgefonds-Welt. Er hatte sich durch den Einstieg bei Beluga Renditen von jährlich bis zu 30 Prozent versprochen. Das war mehr als ehrgeizig. Der Honeymoon war kurz, die Scheidung hart. Oaktree verwies Stolberg am 1. März 2011 kurz und knapp des Hauses und zeigte ihn anschließend wegen Betrugs an.

Seitdem arbeitete sich die Staatsanwaltschaft durch den Fall. Es gibt drei umfangreiche Anklageschriften. Die vorsitzende Richterin und die beiden beisitzenden Richter – Katja Friedrichsen und Tobias Kramer – wurden rund 20 Monate freigestellt, um sich in die Welt der Reeder, Werften und Schiffsfinanzierungen einzuarbeiten und sich durch unzählige Ordner mit Hauptakten und Beweismaterial zu wühlen.In der ersten Phase ging es um den Vorwurf des Kreditbetrugs gegenüber Banken. Vertreter der Bremer Landesbank (BLB), der Nord/LB, der Commerzbank und der Dresdner Bank nahmen auf dem Zeugenstuhl Platz. Klar wurde: Beluga war lange Zeit als Partner geschätzt und umworben. Ebenso klar: Die Beluga-Führung erhöhte mit Nebenabsprachen und Scheinverträgen mit der niederländischen Werft Volharding das Investitionsvolumen für Schiffneubauten. So finanzierten die Banken letztlich weit mehr als die übliche Quote von 70 Prozent.

Stolberg bezeichnete dies als „branchenüblich“ und sprach von „kreativer Eigenkapitalaufbringung“. Ob das Gericht dem folgt, bleibt abzuwarten. Die Staatsanwaltschaft sieht den Tatbestand des Kreditbetrugs sowohl bei den Banken als auch bei Oaktree bestätigt. „Das ist unstrittig“, sagte der Sprecher der Behörde, Frank Passade, der bis Ende Mai selbst in dem Prozess mit seinem Kollegen Ingo Radtke die Anklage vertrat.

Beim Vorwurf des Kreditbetrugs gehe es weder darum, ob jemand geschädigt worden sei, noch darum, ob die Banken von Unregelmäßigkeiten bei Beluga gewusst hätten. „Es kommt ausschließlich darauf an, ob jemand falsche Angaben gemacht hat“, erklärte Passade.

Bei der Strafzumessung ist man im Beluga-Prozess noch lange nicht. Die Kammer geht akribisch und vorsichtig vor. Sie will keine Fehler machen, um bei einem Urteil nicht in die Revisionsfalle zu tappen. Berufung ist nicht möglich, sondern nur eine Revision beim Bundesgerichtshof wegen etwaiger Rechtsfehler.

Im laufenden Monat will die Kammer Angeklagten, Verteidigern und Staatsanwaltschaft das bisherige Verfahren, die derzeitige Rechts- und die Beweislage darstellen. Möglicherweise kommt auch der Zeitplan zur Sprache. Zunächst ist der Prozess bis zum 26. Oktober terminiert. lni/fab

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