Beluga-Prozess: Ende ist absehbar

Der Beluga-Prozess gegen den Ex-Reedereichef Niels Stolberg ist zu einem der längsten Wirtschaftsstrafverfahren in der Geschichte des Bremer Landgerichtes geworden. Zwei Jahre dauert er schon. Nun scheint es aber, als nähere er sich dem Ende.

Dass der Beluga-Prozess sich so lange hinzieht, hatte wohl niemand gedacht bei seinem Auftakt am 20. Januar 2016 vor der Großen Wirtschaftsstrafkammer des Bremer Landgerichts. „Gut, dass der Prozess nun tatsächlich beginnt. Die Zeit des Wartens ist vorbei“, sagte der Hauptangeklagte und Ex-Chef der Beluga-Reederei, Niels Stolberg, vor zwei Jahren kämpferisch. Jahrelang war ermittelt worden. Es entstanden drei komplexe Anklagen und drei Richter mussten vor Prozessbeginn eineinhalb Jahre freigestellt worden, damit sie sich durch tausende Aktenseiten wühlen konnten. Dutzende Zeugen wurden vernommen. Nach 63 Verhandlungstagen steht die Beweisaufnahme in dem Verfahren offenbar vor dem Abschluss.

Der Prozess will im Grundsatz klären, unter welchen Umständen die einstige Bremer Schwergutreederei Beluga 2011 unterging. Damals traf die Schifffahrtskrise Reeder und Werften hart. Schiffskredite wurden marode und belasten viele Bankhäuser bis heute schwer. Auch Beluga geriet ins Schlingern, doch lief dabei einiges im Management aus dem Ruder. Deswegen müssen sich Stolberg und drei weitere Ex-Beluga-Manager in unterschiedlicher Tragweite für die Vorwürfe Betrug, Untreue, Kreditbetrug, Bilanzfälschung oder Beihilfe zu den jeweiligen Tatbeständen verantworten.

2015 prophezeite Stolberg: „Vieles wird sich im Laufe des Prozesses relativieren.“ Vieles hat sich relativiert, aber nicht alles. Das fand auch die Kammer unter Vorsitz von Richter Monika Schaefer. Auch wenn sie im Verlauf des Verfahrens den Anklagepunkt Betrug im Falle Stolbergs als entkräftet ansah, will sie den 57-Jährigen ins Gefängnis schicken. Zwischen drei Jahren und sechs Monaten und drei Jahren und neun Monaten signalisierte die Kammer im Juli 2017 nach einer Zwischenberatung. Die Staatsanwaltschaft hatte damals einen Strafrahmen von vier bis fünf Jahren genannt. Stolbergs Anwalt Bernd Groß hält hingegen eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren für angemessen und die Position der Kammer für „völlig überzogen“.

„Seitdem wissen wir aber zumindest, wo die Kammer steht und können damit professionell umgehen“, betont Groß, der seit Tag eins an der Seite von Stolberg sitzt. Im Falle eines Plädoyers will Groß bei seiner Position bleiben. Die Mitangeklagten müssen nach der Zwischeneinschätzung der Kammer aus dem vergangenen Jahr mit Bewährungsstrafen rechnen.

Die lange Prozessdauer liegt vor allem am Gesundheitszustand Stolbergs, der an Magen- und an Hautkrebs erkrankte und mehrmals operiert werden musste. Danach musste die Dauer der Verhandlungen auf maximal eine Stunde pro Sitzungstag begrenzt werden. Ob der privat-insolvente Ex-Reeder letztlich ins Gefängnis muss, wird sich zeigen. Die Staatsanwaltschaft sieht jedenfalls keinen Grund von ihrer Strafmaßforderung abzurücken. Aus ihrer Sicht bewegte Stolberg die Banken durch fingierte Scheinrechnungen und aufgeblähte Investitionskosten zu einem erhöhten Kredit-Engagement bei Schiffsneubauten. Zudem habe er dem US-Finanzinvestor Oaktree mit falschen Bilanzangaben den Einstieg bei Beluga schmackhaft gemacht. Die Bilanzfälschung hatte Stolberg stets eingeräumt, sich aber gegen den Vorwurf krimineller Machenschaften heftig gewehrt. Er habe als „Kapitän auf der Brücke bei Beluga“ gestanden, sich aber nie persönlich bereichert.

Den Banken warf er vor, dass sie sehr wohl vom „branchenüblichen“ Finanzierungsmodell bei Beluga gewusst hätten. Deshalb sollte zu diesem Punkt noch einmal ein Manager der Bremer Landesbank gehört werden – möglicherweise der letzte Zeuge. Verteidigung und Staatsanwaltschaft signalisierten, keine weiteren Anträge mehr stellen zu wollen. In diesem Falle könnte die Beweisaufnahme geschlossen werden. Es würden dann Plädoyers und anschließend ein Urteil folgen, gegen das dann nur noch das Rechtsmittel der Revision beim Bundesgerichtshof möglich wäre. dpa/fab

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