Stena Line startet in Kiel erste Fähre mit Methanolantrieb

Die erste kommerzielle Fähre mit Methanolantrieb ist gestartet. Auf einer feierlichen Einweihung am Schwedenkai in Kiel würdigten Projektverantwortliche und Vertreter aus der Politik diesen Schritt als Meilenstein für die maritime Wirtschaft.

„Supergreen Sustainable Shipping“ heißt es in grünen und blauen Lettern auf der umgerüsteten „Stena Germanica“. Im Maschinenraum hat sich einiges getan. Mit bis zu 500 bar befördern Pumpen den alternativen Kraftstoff in die neuen Wärtsilä-Motoren. Bis zu 480 Kubikmeter Methanol kann die 14 Jahre alte Fähre jetzt bunkern.

„Das ist ein großer Tag für Stena Line, für Kiel und den gesamten maritimen Sektor“, freute sich Stena-Line-Vorstand Niclas Martensson. Die seit diesem Jahr geltende Regelung, wonach in den sogenannten SECA-Gebieten nur noch Kraft- und Brennstoffe mit einem Schwefelanteil von bis zu 0,1 Prozent verwendet werden dürfen, sei für die Reederei ein Ansporn gewesen, um eine Innovation zu schaffen. Auch Reinhard Meyer, Minister für Wirtschaft und Arbeit des Landes Schleswig-Holstein, sieht die Regulierung als Innovationstreiber. Er ging bei der Einweihung auch auf die anderen technischen Verfahren für einen umweltgerechten Schiffsbetrieb ein. Die einfachste, aber auch teuerste Lösung sei der Einsatz von Marinediesel. Bei der Scrubber-Technik bestehe der Nachteil, dass Abwässer ins Meer gelangten. Das Thema LNG-Antrieb werde die Branche weiter beschäftigen, erfordere aber die notwendige Infrastruktur an den Küsten. Methanol als Treibstoff sei „besonders interessant“, da sich Methanol vielseitig herstellen lasse, stets unter dem Gesichtspunkt „erneuerbar“. Er sei nun auf den Betrieb in der Praxis gespannt.

Das Methanol-Projekt auf der „Stena Germanica“ kostet 22 Millionen Euro, davon hat die EU die Hälfte übernommen. Die weitere Unterstützung der EU-Kommission ist für Minister Meyer auch deshalb wichtig, weil die neuen Bestimmungen nach seinem Dafürhalten nicht nur in der Nord- und Ostsee, sondern aus Wettbewerbsgründen in allen Gewässern Europas gelten sollten. Mit EU-Meeresschutzkommissar Karmenu Vella hatte er den richtigen Ansprechpartner gleich an seiner Seite. Vella lobte das Stena-Projekt als Meilenstein für das maritime Transportwesen. „Ich hoffe, weitere Betreiber werden diesem Beispiel folgen“, so der Kommissar. Die EU werde stets zur Stelle sein, wenn es um die Finanzierung derartiger Projekte gehe.

Auf den Preis für Methanol angesprochen, sagte Stena-Vorstand Martensson, derzeit sei Methanol zwar teurer als Öl, aber die Neuausrichtung sei langfristig angelegt und der Ölpreis werde auch wieder steigen. Für das Pilotprojekt „Stena Germanica“ sei die Versorgung mit Methanol für zehn Jahre gesichert – im Hinblick darauf, dass auch andere Reedereien auf diesen Treibstoff umsteigen könnten und die Nachfrage das Angebot dann übersteige. Stena benötige jetzt sechs bis zwölf Monate, um den Praxisbetrieb zu analysieren. Erst danach könne über weitere Schritte entschieden werden.

„Stena Germanica“ ist mit vier Hauptmaschinen ausgestattet. „Für den Methanol-Betrieb sind wir jetzt mit einer Maschine gestartet“, sagte Martensson. Die anderen drei Maschinen sollen in diesem Jahr ebenfalls umgerüstet werden. Dafür muss das Schiff aber nicht wieder zurück auf die Werft, dafür sei bereits alles vorbereitet und das lasse sich während des Einsatze bewerkstelligen, so Martensson. Für die Schwefelregulierung setzt Stena Line auf ihren Schiffen auch Marinediesel ein. Die Scrubber-Technik kommt ebenso zum Einsatz wie Katalysatoren und Windanlagen. „Wir brauchen diesen Mix“, resümiert der Stena-Vorstand.

Die 240 Meter lange Fähre, die an Wochentagen die Route zwischen Kiel und Göteborg bedient, war ab Januar auf der Remontowa-Werft im polnischen Gdansk für den Betrieb mit Methanol umgerüstet worden. Das Projekt hat die schwedische Reederei in Kooperation mit dem Seehafen Kiel, dem Hafen Göteborg und dem Motorenhersteller Wärtsilä umgesetzt. Wärtsilä stattete die „Stena Germanica“ bei der Umrüstung der Maschinen mit der Dual-Fuel-Technologie aus. Weiterer Projektpartner ist der Methanolhersteller und -zulieferer Methanex Corporation.

Methanol ist eine farblose Flüssigkeit und kann aus Naturgas, Kohle, Biomasse oder Kohlenstoffdioxid hergestellt werden. Verglichen mit anderen Treibstoffen verringert sich durch den Einsatz von Methanol der Ausstoß von Schwefel um 99 Prozent, von Stickstoff um 60 Prozent, von Ruß partikeln um 95 Prozent und von Kohlendioxid um 25 Prozent. Methanol ist zudem biologisch abbaubar. Für die Herstellung sind großtechnische Verfahren notwendig.

Für die Umrüstung der „Stena Germanica“ war Stena Line kürzlich im Rahmen der Green Ship Technology Conference in Kopenhagen mit dem Award „Ship-owner of the year“ ausgezeichnet worden (THB 18. März 2015).

Auch andere Reedereien aus der Fähr- und Kreuzschifffahrt rüsten ihre Schiffe umwelttechnisch um. Bei Scand lines schreiten die Umbauarbeiten an den beiden Fähren „Berlin“ und „Copenhagen“ auf der dänischen Werft Fayard voran. Beide Schiffe wurden bis Anfang Mai eingedockt. Zu den Maßnahmen zählen: Unterwasseranstrich ausbessern, Anodenschutz erweitern, Ballastwassertanks reinigen und Einrichtungen wie Ruder, Bugstrahlruder, Azipod-Antriebe und Schiffspropeller kontrollieren, überprüfen und polieren. Außerdem beginnen die Installationen des Hybrid-Antriebssystems und des Scrubbers. „Berlin“ und „Copenhagen“ werden nach Ablieferung auf der Route von Rostock nach Gedser verkehren.

Die norwegische Color Line hatte zum Jahresbeginn ihre beiden Fähren „Color Magic“ und „Color Fantasy“ mit Scrubbern nachgerüstet. fab

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