Russland-Sanktionen treffen Unternehmen immer stärker
Ein Jahr nach der Verhängung der ersten Sanktionen gegen Russland sind die Auswirkungen auch immer deutlicher in Schleswig-Holstein zu spüren. Wirtschaftsminister Reinhard Meyer macht sich Sorgen um die Wirtschaft in seinem Lande.
„Vor allem die Automobilbranche, aber auch der Maschinenbau und die Ernährungswirtschaft sind stark betroffen“, sagte der SPD-Politiker jetzt in Kiel. Ein Beispiel sei die Großmeierei Holtsee, die infolge des weggebrochenen Exportes nach Russland unter Umsatzeinbußen leide. Holtsee ist aber nur eines von vielen hundert Unternehmen, die die Handelssanktionen auch in ihren Bilanzen spüren werden. Schleswig-Holsteins Ausfuhren nach Russland seien im vorigen Jahr um 31 Prozent eingebrochen, sagte Meyer. Beim Import betrage das Minus mittlerweile mehr als 13 Prozent. Im Ranking der Ausfuhrpartnerländer Schleswig-Holsteins ist Russland damit im Jahr 2014 von Rang elf auf Rang 17 zurück- gefallen.
Im Kieler Hafen ging das Ladungsaufkommen auf den Linien nach St. Petersburg und Ust-Luga um fast 25 Prozent zurück. Die Fährreederei DFDS betreibt die Route nach St. Petersburg nur noch mit einer statt mit zwei Frachtfähren. Die „Botnia Seaways“ pendelt für DFDS derzeit zwischen Kiel und St. Petersburg. Das Schwesterschiff „Finlandia Seaways“ wurde auf eine Nordseeroute verlegt.
Leicht aufgefangen wurde der Einbruch durch steigende Exporte von Papier und Holz. Die Rubelabwertung hat für die deutsche Druckindustrie den Kauf von russischem Papier im Vergleich zu Produkten aus Schweden und Finnland verbilligt. Auch im Ostuferhafen wurde in diesem Frühjahr erstmals wieder russisches Papier umgeschlagen. Laut Angaben des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft nimmt die wirtschaftliche Dynamik in Russland bereits seit drei Jahren deutlich ab.
Schwer getroffen wurde im ersten Quartal 2015 auch der Hamburger Hafen. Dort ist der Umschlag von Containern für Russland eingebrochen. Die Reederei Unifeeder hatte Ende 2013 noch sieben von 40 Unifeeder-Schiffen auf Linien von Hamburg, Bremerhaven oder Rotterdam zu russischen Ostseehäfen im Einsatz. Im Mai 2015 fahren nur noch fünf Uni feeder-Schiffe pro Woche russische Häfen an.
Auch die russische Werftindustrie wird von dem Embargo der EU schwer getroffen. So ist das Vorzeigeprojekt der Marine zum Stillstand gekommen. Es betrifft den gemeinsamen Bau von vier Hubschrauber-Trägern auf Werften in St. Nazaire und St. Petersburg. Sie sollten die Erneuerung der russischen Marine einläuten. Unterdessen leidet auch das Fregatten-Neubauprogram der russischen Marine unter ausbleibenden Lieferungen aus dem Westen. Die Severnaya Werft in St. Petersburg stoppte den Bau der Schiffe der „Admiral Gorshkov“-Klasse. Ein Werftsprecher nannte kürzlich als Grund das Fehlen von Schlüsselkomponenten. FB/pk