Zu wenig Verkehr in Ostdeutschland

Viele ostdeutsche Wasserstraßen sind seit 1990 mit Milliardensummen ausgebaut worden. Doch die Binnenschifffahrt ist von den vorhergesagten Zuwächsen beim Gütertransport weit entfernt.

Ein Beispiel ist das 2,3 Milliarden Euro schwere Verkehrsprojekt Deutsche Einheit (VDE) 17, das den Ausbau der Kanäle und Schleusen zwischen Westdeutschland und Berlin für größere Schiffe und Schubverbände umfasst und inzwischen zu mehr als 80 Prozent umgesetzt ist. Über die 2003 fertiggestellte, 500 Millionen Euro teure Kanalbrücke, die bei Magdeburg die Elbe quert und den Mittelland- mit dem Elbe-Havel-Kanal verbindet, transportieren Schiffe jährlich zwischen 2,6 und 3,5 Millionen Tonnen. Kein Quantensprung, denn als sie noch einen Umweg über die Elbe fahren mussten, waren es – seit 1995 – zwischen 2,2 und 3,9 Millionen Tonnen. Grundlage für die Planung des Bauwerks war eine Prognose von 18 Millionen Tonnen.

„Das Wasserstraßennetz in Deutschland ist das leistungsfähigste weltweit, dennoch gelingt es nicht, mehr Verkehr hierher zu verlagern", sagt der Flussexperte Ernst-Paul Dörfler vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Innerhalb der vergangenen 50 Jahre ist der Anteil der Binnenschifffahrt am Güterverkehrsaufkommen vielmehr von 30 auf zehn Prozent gesunken.

„Allein an der Tiefe und Breite der Wasserwege kann es also nicht liegen", schlussfolgert Dörfler. „Wir brauchen eine realistische Kosten-Nutzen-Berechnung, eine Erfolgskontrolle und eine umfassende Ursachenanalyse, statt immer neue vermeintliche Engpässe im Netz zu finden und dort Millionen und Abermillionen hineinzupumpen", fordert er.

Die Bundesregierung sieht eine „hohe volkswirtschaftliche Rentabilität" des VDE 17, der Nutzen übersteige die Kosten um ein Mehrfaches. Und: „Der verkehrliche Nutzen wird erst mit Fertigstellung der durchgehenden Wasserstraßenverbindung in gleicher Qualität vollständig erreicht", argumentiert das Bundsverkehrsministerium. Auch Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Karl-Heinz Daehre (CDU) hofft auf eher langfristige Wirkungen. „Es war nie zu erwarten, dass sich diese Projekte schon innerhalb weniger Jahre rechnen. Ihr Nutzen erhöht sich in dem Maße, wie das Transportaufkommen auf der Straße zunimmt und an Kapazitätsgrenzen stößt." Ob dann auch mehr und größere Schiffe auf der Elbe verkehren, bleibt abzuwarten. Nach dem offiziellen Sprachgebrauch der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost wird der Strom nicht ausgebaut. „Unterhaltungs- und Reparaturmaßnahmen" nennen die Bürokraten die Erneuerung von Buhnen, die Befestigung von Uferabschnitten oder Abbaggerungen in der Fahrrinne, für die jährlich hohe Millionenbeträge ausgegeben und die 2011 vorangetrieben werden sollen. Erklärtes Ziel ist es, an mindestens 345 Tagen im Jahr eine 1,60 Meter tiefe Fahrrinne sicherzustellen, damit mehr Container auf dem Fluss transportiert werden können.

Kritiker halten das wegen des stark schwankenden Wasserstands und zunehmender Trockenheit jedoch für unmöglich. Die WSO Ost hält dagegen und verweist auf hohe zweistellige Zuwachsraten an der Magdeburger Stadtstrecke. In diesem Jahr könne die Marke von einer Million Tonnen überschritten werden.

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