Sozialdumping: Initiative kritisiert Mängel auf See
Acht Verkehrsminister fordern von der EU ein konsequenteres Vorgehen gegen Sozialdumping. Allerdings fehlt in ihrer Forderung die Schifffahrt.
„Der Appell acht europäischer Staaten an die EU-Kommission, vehement gegen Sozialdumping im Transportgewerbe vorzugehen, ist ehrenwert – aber leider völlig unzureichend. Die Beschränkung des Appells auf den Straßentransport und die miserable Situation vieler Lkw-Fahrer blendet das Schicksal Zigtausender Seeleute völlig aus.“ Mit diesen Worten haben der Förderkreis Waterkant und das Projekt „Fair Oceans“ den gemeinsamen Brief Deutschlands, Frankreichs, Österreichs, Italiens, Belgiens, Dänemarks, Luxemburgs sowie Norwegens an die EU-Kommission in Brüssel kommentiert.
Die beiden maritimen Initiativen weisen nachdrücklich darauf hin, dass unter anderem Deutschland zu den Schifffahrtsnationen gehört, die ganz überwiegende Teile ihrer Handelsflotte ungebrochen unter sogenannten „Billigflaggen“ betreiben: Schiffe, die oft weder modernen technischen noch ökologischen Standards genügen und deren Besatzungen häufig keine gesicherten sozialen und humanitären Rechte hätten. „Gleichzeitig kassieren die Reeder, die solche Schiffe betreiben, und die Anleger, die dafür ihr Geld bereitstellen, die also von den oft haltlosen Zuständen an Bord solcher Schiffe profitieren, Milliarden Euro staatlicher Subventionen und werden so motiviert, an diesen ungerechten Verhältnissen festzuhalten.“
Waterkant und „Fair Oceans“ fordern, diese Zustände nicht nur anzuprangern, sondern zu verändern – national, europäisch, international. Dieser Appell der beiden Initiativen richte sich nachdrücklich auch an jene zivilgesellschaftlichen Kräfte und Initiativen, die in der wachsenden „Fair-trade-Bewegung“ engagiert seien: Denn auch die „fair“ produzierten und gehandelten Produkte von Kaffee und Banane bis Textilien oder Blumen legen die weiten Strecken über See „überwiegend auf unfaire Weise zurück“. „Fair bis aufs Meer“: Unter diesem Motto rufen Waterkant und „Fair Oceans“ dazu auf, sich das Schicksal Zigtausender Seeleute zu vergegenwärti gen.
Die für den Landverkehr zuständigen Speditionsverbände begrüßten die Aktion der Verkehrsminister. Inwieweit sich die EU-Kommission mit der Thematik befasst, ist allerdings noch offen. Kenner der EU-Bürokratie halten es auch für unwahrscheinlich, dass der Ministerappell noch auf den Seeverkehr ausgedehnt wird. Es sei seitens der politischen Ebene durchaus kalkuliert gewesen, zunächst das Schwergewicht Straßengüterverkehr in den Blick zu nehmen. „Hier ist rein quantitativ die Not zum politischen Handeln am größten“, sagte ein Politikwissenschaftler der belgischen Universität Löwen dem belgischen Rundfunk RTBF. Deswegen fänden sich auch der Schienengüter- und der Binnenschifffahrtsverkehr nicht in der Minister-Resolution. kh/pk