Güterverkehr: Auf den Fluss statt im Stau
Das Transportaufkommen in Europa wächst kontinuierlich – vor allem auf den Straßen. Allein im vergangenen Jahr hat der ADAC 960 000 Kilometer Stau auf deutschen Straßen registriert.
Grund genug für das ShortSeaShipping Inland Waterway Promotion Center (SPC), sich für multimodale Logistikkonzepte einzusetzen. Mit ihren umfassenden Beratungsangeboten will die Non-Profit-Organisation, die ihren Sitz im Bundesverkehrsministerium in Bonn hat, dazu beitragen, den Güterverkehr von der Straße auf die Verkehrssysteme Schiene, Binnenschifffahrt oder den küstennahen Seeverkehr zu verlagern. Im Vordergrund steht dabei die Einbeziehung wassergebundener Verkehrsträger.
„Das ist heute notwendiger denn je, denn die Straßen sind an vielen Stellen überlastet“, sagte Markus Nölke, Geschäftsführer des SPC, am Dienstag bei seinem Vortrag „Multimodalität fängt im Kopf an“ an der Staatlichen Handelsschule Berliner Tor (HBT) in Hamburg. „Bei unseren Bemühungen fokussieren wir uns derzeit insbesondere auf den Mittelstand, der auf der einen Seite zwar große Ladungsmengen transportiert, auf der anderen Seite aber nicht die personellen Ressourcen großer Konzerne besitzt, um sich intensiv mit neuen Logistikstrategien auseinanderzusetzen“, so Nölke.
Mit seiner Zielsetzung, multimodale Logistikkonzepte zu fördern, steht das 2001 gegründete SPC keinesfalls allein, sondern hat entsprechende Rückendeckung aus der Politik. So beschreibt die EU-Kommission ihre Vorstellungen von der Zukunft des europäischen Verkehrssystems im aktuellen Weißbuch „Verkehr 2010 bis 2020“ wie folgt: „30 Prozent des Straßengüterverkehrs über 300 Kilometer sollten bis 2030 auf andere Verkehrsträger wie Eisenbahn und Schiffsverkehr verlagert werden, mehr als 50 Prozent bis 2050.“
Die Voraussetzungen, diese Vorgaben umzusetzen, stehen in Deutschland nicht schlecht. Schließlich verfügt das Land nach Nölkes Ansicht nicht nur über ein sehr gut ausgebautes, 34 000 Kilometer langes Schienennetz, sondern auch über 7300 Kilometer Bundesbinnenwasserstraßen, die für den Gütertransport effizient und umweltbewusst genutzt werden können. Denn trotz aller aktuellen Diskussionen um SECAs, Scrubber und Landstrom gilt das Schiff immer noch als umweltfreundlichster Verkehrsträger je Einheit der Transportleistung.
Zum Abschluss seines Vortrages in der Reihe „Von Praktikern für Newcomer“ stellte Nölke noch einige Praxisbeispiele vor, in denen das SPC Unternehmen bereits zu einem multimodalen Umdenkprozess anstoßen konnte. Zwar würden diese bisher nicht komplett auf die Schiene oder das Wasser ausweichen, aber bereits einen erheblichen Teil ihres Gütertransportes von der Straße auf die anderen Verkehrssysteme verlagern.
In diesem Zusammenhang präsentierte Nölke auch zwei Projektansätze, die zum einen eine Binnenschiffverbindung zwischen Brunsbüttel und Hamburg, zum anderen eine Short Sea Line zwischen Hamburg, Brunsbüttel, dem JadeWeserPort und Bremerhaven umfassen. Hierbei machte er deutlich, dass die zunehmende Zahl immer größerer Schiffe auch eine große Chance für den JadeWeserPort sei. „Dabei sehe ich Wilhelmshaven nicht im Wettbewerb zu Hamburg, sondern vielmehr im Wettbewerb zu Rotterdam“, so Nölke.
Mit der nächsten Veranstaltung am 16. Juni wird die diesjährige Vortragsreihe der HBT beendet. Am Dienstag referiert Torsten Toedter, Geschäftsführer IBT Bunkering & Trading, über das Thema „Bunker und Bunker einkauf.“ bre