„Sie können sich jetzt selbst beklatschen“
Und jetzt einmal ganz tief Luft holen und kurz innehalten: Für 60 junge Schifffahrtskaufleute, die bei Reedereien und Schiffsmaklern in Hamburg seit dem Frühjahr ihre Ausbildung durchliefen, hieß es jetzt, die begehrten „Berufsschul-Abschlusszeugnisse“ entgegenzunehmen.
Das konnte jetzt endlich wieder in Präsenzform erfolgen. Die Freude und Erleichterung darüber war jedenfalls durchweg in den Gesichtern all jener abzulesen, die sich zu dem kleinen Festakt in der Aula der „Beruflichen Schule Logistik Schifffahrt Touristik“, kurz BS 09, eingefunden hatten. Das Lächeln schloss dabei nicht nur die jungen Frauen und Männer ein, die noch bis vor Kurzem „Azubis“ waren, sondern auch den zahlreichen Ausbildern aus den Betrieben und natürlich auch den Lehren an der Berufsschule.
Denn all jene, die mit dem 1. Februar 2020 ihre Ausbildung in der Elb-Hansestadt begannen, starteten für unter denkbar schwierigen Rahmenbedingungen. Das Corona-Virus verbreitete sich just in dieser Zeit in Europa und der gesamten Welt. Mit der praktischen Folge für die jungen Hamburger Schifffahrtskaufleute: Sie konnten ein halbes Jahr lang keinen Berufsschulunterricht in Präsenzform durchführen, sondern erlernten den anspruchsvollen Lehrstoff, der mit diesem Berufsbild schon immer verbunden war und weiterhin ist, über einen Dis tanzunterricht. Doch nicht nur sie „lernten“ auf diesem Wege.
Auch die Lehrkräfte an der Berufsschule, die deutschlandweit die meisten Schifffahrtskaufleute zählt, lernten mit jeder weiteren Woche dazu.
Christian Peymann, der vor seinem späteren Lehramtsstudium selbst den Beruf des Schifffahrtskaufmanns erlernt hatte und inzwischen Leiter dieser wichtigen Berufsschule ist, stellte genau diese Leistung der jungen Menschen in seinem kurzen Grußwort heraus. Für ihn damit Grund genug, „dass Sie sich jetzt alle einmal selbst für diese Leistung beklatschen können“. Und das taten dann auch alle, die diese kleine Feier, die erste dieser Art seit zwei Jahren, mit begleitet hatten. Auch diese Botschaft gab Peymann den jungen maritimen Nachwuchskräften mit auf den Weg: Mit diesem Berufsabschluss sind alle bestens gerüstet, um weltweit in der Schifffahrt zu wirken.
Denn eine Ausbildung zum Schifffahrtskaufmann „Made in Germany“ habe weiterhin einen exzellenten Ruf im Ausland, da es Vergleichbares so nicht gibt. Und auch das riet er den jungen Leuten: „Sammeln Sie Auslandserfahrung, erlernen Sie weitere Fremdsprachen, seien Sie offen für Neues.“
Jan Schlichting, Abteilungsleiter Schifffahrt an der BS 09, stellte heraus, dass der jetzt erzielte Abschluss absolut zu vergleichen sei mit Abschlüssen aus vorangegangen Jahren. „Es gab hier keinen Corona-Bonus“, sagte Schlichting. Das traditionell hohe Niveau bei der Stoffvermittlung, bei den zahlreichen Leistungsnachweisen im Zuge der schulischen Ausbildung und auch bei Prüfungen wurde gehalten.
Und auch das machte diesen Ausbildungsjahrgang so besonders und anders als in den Vor-Corona-Jahren: Das prägende Erlebnis eines Klassenverbundes war den jungen Azubis über weite Strecken der Ausbildung verwehrt, weil Corona zum Beispiel keine Fachexkursionen, Klassenfahrten und sonstige soziale Events zuließ, erinnerte Schlichting. Das dauerhafte Tragen einer Schutzmaske etwa führte dazu, dass die viele Gesichter nur teilerkennbar waren, erinnerte Schlichting. Allein an dieses Erlebnis dürften noch viele oftmals zurückdenken.
Das große Ziel aller Azubis hieß aber von Anfang an: erfolgreicher Abschluss der Ausbildung. 63 jungen Menschen, die in den Bereiche „Linie“ oder „Tramp“ arbeiteten, gingen an den Start. 60 von ihnen erreichten das Klassenziel. Drei aus dem Kreis legten sogar eine „Eins“ hin.
Die beiden mit Abstand besten Abschlüsse für die Bereiche „Tramp“ und „Linie“ legten dabei Jona Nikolaus Schües von der Reederei Döhle und Laura Isabel Peters von DAL für den Bereich Linie hin. Wie üblich wurden die Bestnoten auch mit einem kleinen Geschenk veredelt, das traditionell durch den Verein Hamburger Rheder, den Nautischen Verein (NV) zu Hamburg sowie die Vereinigung Bremer und Hamburger Schiffsmakler (VHBS) stiften. Dr. Alexander Geisler für den VHBS und Kapitän Christian Suhr für den NV zu Hamburg übergaben im Wortsinne das kleine Goldstück. Laura Peters konnte die Auszeichnung persönlich entgegennehmen, während Jona Schües beruflich verhindert war.
Und wie geht es jetzt weiter? Laura Isabel Peters hat für sich den weiteren Kurs ihres Berufsweges bereits jetzt klar abgesteckt, wie sie dem THB offenbarte: Ein halbes Jahr noch Arbeit als Jungangestellte in ihrer Ausbildungsfirma und danach eine Weltreise. Sie habe „tüchtig“ gespart als Azubi und wolle sich diesen Lebenstraum erfüllen.
Und danach? „Dann gehts in den Job. Mich reizt das große Zukunftsthema ,Nachhaltigkeit in der Schifffahrt‘. Damit will ich mich gerne intensiv beschäftigen.“ EHA